Dienstag, 30. Juni 2020

Nepomuk

Und plötzlich wurde es sehr ernst. 

"Nein", schrie das Kindermädchen aus dem Bad und kam entgeistert mit einem Schwangerschaftstest zu mir rüber. Ich habe das bestimmt schon ein Dutzend Mal mitgemacht, bisher waren die Tests immer negativ. Diesmal nicht.

All die Leichtigkeit, all die Unverbindlichkeit, die selbst diese Beziehung durchzog, sie war mit einem kurzen Schrei weg. Jetzt ging es ums große Ganze. Und während ich das geschockte Kindermädchen in den Arm nahm, überlegte ich, wie ich die Nachricht so finde. 

Eigentlich ganz schön. Es war nicht geplant, aber doch irgendwie gewollt. Ich war ein bisschen froh, dass mir das Schicksal eine bewusste Entscheidung abgenommen hatte. Und ich blickte voller Vorfreude auf einen neuen Sinn im Leben.

Bald hatten wir ein Ultraschallbild und kurz darauf einen Arbeitstitel für das, was da heranwuchs. Nepomuk. Weil das der Namenspatron für das wahrscheinliche Zeugungsdatum war. Und wir nicht wussten, ob es ein männlicher oder weiblicher Vorname ist. 

Das Gefühl, eine Familie zu werden, stellte sich innerhalb weniger Tage ein. Inklusive aller Perspektivwechsel auf das Leben. Wie wollen wir zusammenleben? Wo wollen wir zusammenleben? Jetzt war die Zeit der pragmatischen Entscheidungen, auch wenn das viele Kompromisse bedeutete. Es gab keine Zweifel mehr, was jetzt Priorität hatte.

Wir rasten auf unserer emotionalen Achterbahn so weit nach oben! Als die Bestätigung der Fehlgeburt kam, war der Absturz umso krasser. Für das Kindermädchen starb ein Teil von ihr selbst. Für mich starb ein schon nach wenigen Tagen liebgewordener Mensch - schon wieder.

Aber das reale Gefühl einer kleinen Familie, das ist geblieben. Und beim nächsten Schwangerschaftstest drücke ich die Daumen, dass er positiv ausfällt.

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