Samstag, 8. August 2015

Warum ficken?

In der Diskussion um den richtigen Ausweg aus unserer vertrackten Lage begegnen die Frohnatur und ich immer wieder der Option, dass ich mich mit anderen Frauen vergnügen könnte. Einige meinen, ich sollte das Recht erhalten, andere Frauen zum vögeln zu treffen. Das sind vor allem meine Freunde, Leute die vor allem an mich denken und weniger an die Ängste, die diese Abenteuer bei der Frohnatur auslösen. Die Alternative könnten Huren sein. Die Fronten sind geklärt, der Sex ein Geschäft, kein Grund zur Eifersucht.

Aber, geneigte Leser, könnt Ihr Euch das vorstellen? Ich bezahle eine Frau, damit sie für mich macht, was ich will und eine Show für mich veranstaltet. Das Streetgirl Melanie hat mal auf die Frage nach eigener Erregung und Orgasmus geantwortet:
"Zum Orgasmus kommt es aber quasi nie, weil ich mich nicht so weit fallen lasse, sondern gefühlsmäßig auf einer eher rationalen Ebene bin. Ein wenig Theaterspielen gehört dazu."
Ich mag Melanies Blog sehr und habe Respekt für Ihre Arbeit. Aber aus "Kundensicht" reduziert sich Sex mit einer Hure auf etwas Technisches. Genau das, was auch Vicki Amesti neulich in ihrem Blog kritisiert hat. Für einen Höhepunkt kann ich es mir auch selbst machen. Aber gerade das ist mir ja zu wenig.

Was macht eine Affäre also besser als der Besuch beim Freudenmädchen? Eine Kommentatorin hat die These aufgestellt, mir ginge es gar nicht um körperliche Befriedigung, sondern lediglich um die Eroberung. Demnach besteht der Kick darin, eine Frau, die frei in ihrer Entscheidung ist, dazu zu bringen, dass sie sich mir hingeben will. Daran könnte was dran sein. Ich denke, geneigte Leser, Ihr werdet mir zustimmen, dass Eroberungen hervorragend für das eigene Ego sind. Und je schwieriger die Eroberung war, desto größer das Selbstbewusstsein, wenn man es doch geschafft hat. Das kann für die folgende Extase ganz hilfreich sein.

Was gilt eigentlich als Eroberung? Die Telefonnummer einzusammeln? Der erste Kuss (bei mir eine entscheidende Schwelle auf dem Weg zur Verführung)? Der erste Höhepunkt? Oder das Wissen, ihre Extase steuern zu können? Und was kommt danach? Endet die Lust an dem Punkt, bei dem man die Frau erobert hat? So wie der Vicomte de Valmont in Gefährliche Liebschaften? Das kann doch schwer das Ende sein. Wie ich neulich in einem hörenswerten Feature im Deutschlandfunk gelernt habe, gibt es das pathologische Verhalten des Casanova-Komplexes, bei dem Männer zwanghaft Frauen erobern müssen.

Das Schwierige bei dem Eroberungsmotiv ist, dass es so linear ist. Als gäbe es den aktiven Eroberer und die passive Eroberte. Und der Eroberte müht sich so lange, bis er das kriegt, was er will. Aber vielleicht weiß er gar nicht, was er am Ende kriegt. Claudius Seidl hat in der FAZ neulich auf das Rollenspiel beim Sex hingewiesen.
"Sexualität ist eben auch ein Teil der sozialen Praxis, in welcher Rollen ausgehandelt und gespielt werden und der Einzelne sich zurechtzufinden versucht, indem er die anderen beobachtet und mit ihnen interagiert."
Diese Rolle ist bei jedem Gegenüber eine neue, unbekannte. Und in dieser Rolle muss man auch noch mit dem Gegenüber interagieren. Der Versuch sich zu behaupten, ist mühsam. Und das Ergebnis ist ungewiss. Sex ist ein Spiel! Und Spiele bleiben spannend, weil man den Ausgang zwar beeinflussen, aber nicht bestimmen kann.

Ich wage jetzt mal eine steile These: Sex ist so lange prickelnd, bis die Rollen ausgehandelt sind. Danach fehlt der Kick. Danach würde eine Affäre langweilig und so vorhersehbar wie der Besuch eines Freudenmädchens. Damit ist eine Affäre zwar zeitlich nicht so gut abgrenzbar. Aber sie hat ein Ende. Im Gegensatz zu einer guten Beziehung.

3 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Ich habe Dein Blog bereits vor über zwei Jahren entdeckt, lieber Schlapphut, aber da Du zu der Zeit schon lange nichts mehr geschrieben hattest, habe ich Dich derzeit nicht abonniert, sondern nur sporadisch mal vorbeigeschaut, um zu sehen, ob Du wieder aktiv bist. Es hat mich natürlich sehr gefreut, kürzlich wieder neue Einträge von Dir zu entdecken und ich habe mich gleich mal hier eingetragen.
Ich stimme Dir voll und ganz zu: Sex ist wesentlich mehr, als der reine Geschletsakt! Das ist etwas, was ich in den über zwanzig Jahren, in denen ich als Sexworkerin tätig bin tausende Male bestätigen konnte. In den seltensten Fällen entwickelt sich bei einem Zusammensein mit einer Hetäre so etwas wie echte Leidenschaft. Es gibt einfach nur angenehme und nicht so angenehme Kunden... Manche mag man, manche weniger. That's all! Selbst wenn ich es ausnahmsweise mal zulasse, einen Orgasmus zu bekommen, ist dieser dann für mich nichts weiter als eine rein körperliche Reaktion, an der weder des Kopf, noch die Seele beteiligt ist.
Affären sind nach meiner Erfahrung auch keine wirkliche Alternative. Solange man sich ausschließlich auf rein sexueller Ebene begegnet, werden es tatsächlich sehr schnell berechenbar und somit langweilig... Beginnt man aber Gefühl zu investieren, gefährdet man wahrscheinlich die bestehende Beziehung, die einem ja schließlich wichtig ist.
Fazit: Rein körperlicher Sex ist überbewertet! Es gibt so viele Dinge, die wesentlich intimer, erregender und prickelnder sind... Miteinander lachen und albern sein... Ein geflüstertes intimes Gespräch... Tanzen... Tiefe Blicke... Und vieles mehr... Immer dann wenn der Sex zum Ventil wird, diese ganzen Empfindungen freizulassen, wird er richtig gut, weil daran Körper, Geist und Seele beteiligt sind.
Lieb Grüße von Felina, die sich auf viele weitere Posts von Dir freut.

Schlapphut hat gesagt…

Vielen Dank für Deinen Kommentar, Felina. Ich wünschte, ich würde mir mit meinen Anmerkungen so viel Mühe geben...

Wenn ich an meine bisherigen Affären zurückdenke, dann waren diese nie nur rein sexueller Natur. Wir haben uns sehr gemocht. Wir haben ein intimes Klima aufgebaut. Deshalb bin ich mit so vielen von ihnen wohl auch noch so gut befreundet. Die Grundlage unseres Verhältnis war gegenseitige Wertschätzung, und kein Vertrag. Insofern sehe ich da schon einen Unterschied zur Sexworkerin. Du nicht?

Aber ich sehe auch einen Unterschied zur Beziehung. Die Zuneigung zur Frohnatur ist von einer gänzlich anderen Qualität, weil sie ohne Kompromisse abläuft. Wenn sie eine Krise durchlebt, dann gehe ich den Weg mit ihr zusammen. Auch wenn es mir selbst schadet. Und glaub mir, wir haben in letzter Zeit mehrere existentielle Krisen durchgemacht.

Du hast aber einen wichtigen Punkt angesprochen. Es geht um das Risiko, dass die Affäre sich zu weit entwickelt. Wie kontrolliert man dieses Risiko? Meine bisherige Erfahrung, frühzeitig die Grenzen zu definieren und die Affäre bei Überschreitung zu beenden, war ganz positiv. Aber wird das auch zukünftig funktionieren? Und woran würde das liegen?

John hat gesagt…

Interessanter Blog und das erste Mal, dass ich sowas aus Männersicht lese bzw. gefunden habe...